Go to content
Go to language menu
Go to main menu

Content

Los Angeles? Da capo!

Autor: Oliver Stark, Mainz

Zuerst: Der Schluß

Drei Monate Los Angeles, wie soll man dies nur auf wenigen Zeilen zusammenfassen? Um mit dem eigentlich Abschließenden zu beginnen: Es war eine ganz tolle Zeit!

Die Bewerbung: Hollywood ruft!

Da capo: Ich hatte erfahren, daß die Kanzlei Fredricks & von der Horst in Los Angeles auf Entertainment Law und insbesondere auf das Filmgeschäft (Hollywood ruft...) spezialisiert ist. Wegen meines persönlichen Interesses als jahrelang Musizierender am Urheberrecht gelang es mir, als sechsundzwanzigster in die Reihe der "interns" bei Fredricks & von der Horst aufgenommen zu werden.

Reisevorbereitungen

Vor der Reise waren zunächst einige organisatorische Dinge zu regeln: Eine Wohnung konnte ich durch die Hilfe der Deutsch-Amerikanischen Handelskammer in Los Angeles finden, die neben der Kanzlei Fredricks & von der Horst eine Adressenliste von Leuten besitzt, die Praktikanten eine zeitweilige Unterbringung anbieten. Außerdem besorgte ich mir beim amerikanischen Konsulat in Frankfurt ein B1/ B2 Touristen-Visum, welches man erhält, wenn man die Zuweisung durch das OLG sowie die Bestätigung einer unentgeltlichen Praktikantentätigkeit (nur Arbeit beobachten, bei Sitzungen dabei zu sein und ähnliches, nicht selbst arbeiten) durch die Kanzlei vorlegt.

Die ersten Tage

Ich reiste einige Tage vor Arbeitsbeginn nach L.A., was ich jedem zwecks zeitlicher, klimatischer und kultureller (!) Umstellung empfehlen kann. Gleich zu Anfang ging es in vollen Zügen los: Mein Vorgänger bei Fredricks & von der Horst zeigte mir erste interessante Örtlichkeiten (es sollten unzählige folgen) in dem doch erstaunlich riesigen L.A.. Angenehm für den Neuling ist jedoch das gut beschilderte und quadratische Straßensystem - man sollte sich aber dringend eine Orientierung auf dem Stadtplan verschaffen, bevor man losfährt.

Ohne Auto geht nichts!

Damit zum wichtigsten: ohne Auto geht nichts. Ich entschloß mich der Einfachheit halber zur Miete, obwohl der Kauf unter Umständen bei gutem Weiterverkauf günstiger kommt, und ließ mir zwecks Kosteneinsparung aus Deutschland einen Gutschein für ein Mietauto (Voucher) faxen. Mit dem Auto begann ich sogleich die nähere und weitere Umgebung zu erkunden, orientierte mich dabei am Reiseführer (sehr gut: "lonely planet, city guide Los Angeles") und für Abendveranstaltungen am "L.A.-Weekly", dem überall ausliegenden kostenlosen Veranstaltungskalender. Sonne und hilfsbereite Leute ließen sogleich gute Laune aufkommen.

Die Arbeit

Fredricks & von der Horst gestalten ihr intern-Programm so, daß der neue Referendar von seinem Vorgänger gut eingearbeitet wird. Die interns haben einige ausgesuchte Akten zur selbständigen Bearbeitung und reichen diese an den Nachfolger weiter. Nach und nach wurden auf diese Weise von mir Akten übernommen, deren juristische Thematik eine große Bandbreite des (internationalen) Zivil- und Wirtschaftsrechts umfaßte:

So bat eine amerikanische Mandantin bat um Überprüfung eines Einkommenssteuerbescheides; ein deutscher Klient machte Zahlungsansprüche gegen eine amerikanische Bank geltend; ein amerikanischer Künstler verlangte von einem deutschen Veranstalter Erfüllung; eine Amerikanerin mußte in einem Grundstücksgeschäft in den Neuen Ländern vertreten werden; die Zwangsvollstreckung eines Deutschen gegen einen Amerikaner wurde betrieben etc..

Mr. Fredricks gab mir bei der Aktenbearbeitung eine sehr gute methodische Anleitung und ich lernte schnell, die Akten effektiv zu lesen, zu verstehen und herauszufinden, in welcher Richtung Handlungsbedarf besteht. Schriftlicher Klientenkontakt wurde in Deutsch und Englisch geführt und nach einiger Zeit wurde mit den Mandanten - auch Englisch - telefonisch gesprochen (aller Anfang ist schwer!).

Neben der Aktenbearbeitung half ich bei der Gründung einer Aktiengesellschaft (corporation), wurde mit der Buchführung bereits gegründeter Aktiengesellschaften betraut und erarbeitete für eine deutsche Firma, die in L.A. eine Tochtergesellschaft errichten wollte, ein Gutachten über damit zusammenhängende Visums- und Steuerfragen.

Medienrecht Entertainment law

Aber auch das Spezialgebiet von Fredricks & von der Horst - Film- und Medienrecht - kam nicht zu kurz: hier war ich, nachdem ich von Mr. Fredricks eine Einführung in das Filmbusiness erhalten hatte, bei etlichen hochinteressanten Mandantengesprächen anwesend und lernte, welche rechtlichen Fragen bei der Produktion eines Films zu beachten sind: Verträge mit Investoren, Gründungen einer Firma für ein Filmprojekt, vertragliche Beziehungen zwischen Produzenten, Regisseuren und Schauspielern, Urheberrechte für Idee, Drehbuch und Musik, Vertriebsmöglichkeiten nachdem der Film produziert ist etc..

Hier hatte ich die einmalige Möglichkeit, das glitzernde und glamouröse "Filmbiz", wofür L.A. letztlich bekannt ist, mal von einer anderen Seite zu sehen: für die Realisierung eines Filmes muß hart gearbeitet werden und für den "entertainment lawyer" stellen sich dabei ganz nüchterne juristische wie wirtschaftliche Fragen. So mußten unter anderem der Wirtschaftsplan einer neu gegründeten Produktionsfirma und Drehbücher auf ihre Qualität geprüft, in einem weiteren Fall der Urheber eines Drehbuchs her- ausgefunden werden. Mandanten baten um die Hilfe bei der Suche von Investoren, Schauspieler bei der Vertretung gegenüber Produzenten.

Glamour Biz

Um mit dem Filmgeschäft vertraut zu werden, las ich den von der Kanzlei abonnierten "Hollywood-Reporter" und die Informationsbroschüre des "Independent Film Project", besuchte abends einige Aufzeichnungen von Fernseh- Shows (u.a. Jay Leno und Al Bundy) sowie ein "privat-screening", die Vorabproduktion eines neuen Films.

Auf den zahlreichen Film- und Business-Partys, die ich mit der Kanzlei Fredricks & von der Horst besuchte, stand die Arbeit neben dem Vergnügen! Von Mr. Fredricks wurde mir dabei auf vorbildliche Weise gezeigt, wie man vom allgemeinen "small-talk" auf spezielle geschäftliche Themen zu sprechen kommt und dabei neue Mandanten akquiriert. Neben der Mandantenkorrespondenz wurde mir die Kontaktpflege mit verschiedenen Institutionen übertragen: Regelmäßige Telefonate mit der Deutsch-Amerikanischen Handelskammer, dem Deutschen Turnverein von Los Angeles, einem Radiosender und Besuche beim Deutschen Konsulat standen auf dem Programm.

Sehr interessant war auch, als ich die Möglichkeit bekam, die Kanzlei auf einem Business-Frühstück im Beverly Hilton, auf der Party einer deutschen Filmproduktionsgesellschaft sowie bei einer Band-Probe eines Mandanten zu repräsentieren. Hier stellte sich schon mal das Gefühl von L.A.-Law ein! Während des Studientages unternahm ich neben dem Besuch kultureller Veranstaltungen auch "Juristisches": ich besuchte Gerichtsverhandlungen sowie eine große, auf "product-liability" spezialisierte Kanzlei, sah mir das Treiben vor dem Gerichtsgebäude in Santa Monica anläßlich des O.J. Simpson-Prozesses an oder lernte am Strand in Venice-Beach einige Rechtsvokabeln.

Die Freizeit

Noch ein paar Worte zur Freizeit: L.A. ist eine Stadt mit tausend Gesichtern und bietet gerade für die Freizeit unglaublich viel, so daß wohl jeder auf seine Kosten kommt. Ich persönlich habe mich an den Wochenenden viel in den schönen "beach areas" (Santa Monica, Venice-, Manhatten-, Hermosa-Beach) aufgehalten, um dort zu roller-bladen, zu joggen oder einfach nur zu gucken. Mit anderen Referendaren besuchte ich oft Musikclubs, in denen im Gegensatz zu Deutschland noch eine vielfältige lokale Live-Musik-Kultur herrscht und zwischen Hard-Rock und Jazz so gut wie alles live geboten wird. Informationen erhält man in dem schon erwähnten "L.A.-Weekly".

Natürlich ist L.A. die Stadt des Kinos und so sahen wir alle möglichen Filme, die nach der Rückkehr noch lange nicht in den heimischen Kinos waren. Manchmal machte es aber auch einfach nur Spaß, abends mit dem Auto auf dem Sunset Boulevard durch Hollywood zu brausen, "92.3-the beat" zu hören und "oh yeah" zu singen.

Fazit

Zusammengefaßt läßt sich die Arbeit in der Kanzlei Fredricks & von der Horst als sehr abwechslungsreich beschreiben. Man wird, anders als bei vielen anderen Kanzleien, voll in den Arbeitsablauf einer amerikanischen Kanzlei integriert und lernt die Unterschiede und Besonderheiten gegenüber der deutschen Anwaltstätigkeit kennen. Durch den freundschaftlichen Umgang miteinander zwischen den Anwälten, Sekretärinnen und Rechtsreferendaren herrscht ein sehr angenehmes, fast familiäres Betriebsklima und wenn die drei Monate vorbei sind, fällt einem nichts anderes ein als: Es war viel zu kurz!

FaLang translation system by Faboba