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Wahlstation beim Medienanwalt in Los Angeles

Autor: Mathias Bruchmann, Gießen

Medientown L.A.

Los Angeles - unzählige Filmstudios, auf der Senderskala alle 0,5 Megahertz eine andere Radio-Station, dazu jede Menge Promis, Stars und Sternchen. Wer sich für Medienrecht interessiert und die Arbeitsweise amerikanischer Anwälte, für den ist ein Aufenthalt in der 14-Millionenstadt ein Muß. Genauso ein Muß: Die Wahlstation bei Fredricks & von der Horst.

Kanzlei Fredricks & von der Horst

Die Anwaltskanzlei Fredricks & von der Horst residiert am Wilshire Boulevard im modernsten und begehrtesten Geschäftsviertel von Los Angeles - zwischen dem Freeway 405 und der Stadtgrenze zu Santa Monica. Von den geräumigen Büroräumen im neunten Stock fällt der Blick zur einen Seite auf die Skyline von Downtown, zur anderen auf Santa Monica auf den glitzernden Pazifik. In bester Nachbarschaft zur Kanzlei befinden sich die Konsulate der Österreicher, Schweizer, Italiener und anderer europäischer Staaten sowie zahlreiche Handelskammern.

Deutsch-Amerikanische Beziehung

Kopf der Kanzlei ist Managing Partner Dennis F. Fredricks. Er (selbst deutscher Abstammung) fördert seit sieben Jahren Referendare und Praktikanten aus Deutschland, ist für sie bei Fragen und Unklarheiten jederzeit erreichbar. Kanzlei-Partner Dr. Rutger von der Horst, schwerpunktmäßig ebenfalls im Medienrecht tätig und als Autor von Medienrechtsfachartikeln bekannt, leitet das Kanzleibüro Münster/Westfalen. Während meines Aufenthalts war er ebenfalls im Law Office Los Angeles tätig, so daß ich beide Partner kennenlernte. Insgesamt besteht die 1989 gegründete Kanzlei aus vier Anwälten und einem Außenberater in Deutschland. Darüber hinaus arbeitet Fredricks & von der Horst eng mit Korrespondenzanwälten in Hamburg, Budapest und Sao Paulo (Brasilien) zusammen.

Bewerbung "Seeking specialists"

Bei der Suche nach einer geeigneten Auslandsstation war mir die Kanzlei in der Liste des Deutschen Anwaltsvereins ("DAV-Informationen zur Ausbildung im Ausland und in ausländischen Rechten") besonders aufgefallen wegen der Zusatzbemerkung: "Seeking specialist interns - entertainment: film, television, radio, music, publishing usw.". Auf meine Bewerbung (Anschreiben, Lebenslauf, Foto) erhielt ich per Fax einen dreiseitigen Fragebogen, in dem schwerpunktmäßig nach Erfahrungen bzw. Interessen im Medienbereich oder im Wirtschaftsrecht gefragt wurde. Aufgrund meiner praktischen journalistischen Kenntnisse hatte ich keine Probleme, die Fragen positiv zu beantworten. Zwei Wochen später war ich für Herbst 1996 als fünfundzwanzigster Referendar/Praktikant in das Ausbildungsprogramm von Fredricks & von der Horst aufgenommen.

Die ersten Tage

Die ersten Tage bestanden im Zuhören bei Telefonkonferenzen und Mandantengesprächen sowie dem Aktenstudium. Dann folgte der "Sprung ins kalte Wasser". Nun hieß es, eigene Fälle lösen, selbst mit Klienten telefonieren, Briefe aufsetzen, Mandantengespräche führen. Zunächst auf deutsch, mit wachsendem Fachvokabular auf englisch. Bald lagen auf meinem Schreibtisch Kostenkalkulationen und Drehbücher für Spielfilme. Die analysierte ich, verhandelte anschließend mit Studios und Produzenten über die Realisierung der Filmprojekte.

Tätigkeitsschwerpunkt Medienrecht

Schließlich ist Tätigkeitsschwerpunkt von Fredricks & von der Horst das Medienrecht. Wobei die Kanzlei vor allem Regisseure, Autoren, Musiker, Filmproduzenten, Schauspieler und andere Künstler in Vertragsverhandlungen vertritt, internationale Filmproduktions- und Finanzierungsverträge aushandelt und bei der Verwirklichung von Filmprojekten vermittelt und berät. Aber auch die Printmedien, Multimedia, Copyright- und Trademark-Dienste spielen bei der täglichen Arbeit eine große Rolle.

Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht

Weiteres Standbein der Kanzlei ist das heimische und das internationale Handels- und Gesellschaftsrecht. Hierbei vertritt Fredricks & von der Horst vor allem europäische Firmen und Geschäftsleute in den USA aber auch Amerikaner in Europa. Die Kanzlei handelt Verträge zwischen den Geschäftspartnern aus, ist beim Kauf und Verkauf von Grundeigentum behilflich und gründet Gesellschaften für europäische Investoren in Kalifornien.

Deutscher Mandantenstamm

Die Klientel von Fredricks & von der Horst besteht zu 38% (1995) aus deutschsprachigen Mandanten (daneben 42 % Amerikaner, 20 % restliche Welt, insbesondere Zentral- und Mitteleuropa). Damit ist Fredricks & von der Horst eine von nur rund zehn Kanzleien bzw. Rechtsanwälten in Los Angeles, die regelmäßig mit deutschen Klienten zu tun haben. Und das bei einer Dichte von über 48.000 praktizierenden Anwälten im Großraum Los Angeles.

Learning by Doing

Neben den Filmprojekten waren deutsche Kaufleute, die ihr Vermögen an zweifelhafte Geschäftspartner verloren hatten, zu betreuen. Erschreckend war zu sehen, wie schleppend sich in Kalifornien die Erlangung eines Titels vor Gericht trotz eindeutiger Ansprüche hinziehen kann und wie schwer die Vollstreckung des Titels ist. Um auch mit dem Handels- und Gesellschaftsrecht vertraut zu werden, gründete ich für Mandanten eine Filmproduktionsgesellschaft in Form einer kalifornischen Aktiengesellschaft (stock corporation). Dazu entwarf ich By-Laws (= Interne Statuten) und Minutes (= Gesellschaftsprotokoll) und kümmerte mich um die sonstigen Formalitäten. Bei der Gründungsversammlung und Unterzeichnung der Gesellschaftsverträge war ich natürlich "live" dabei - wie bei all den anderen Anlässen.

Ich begleitete Kanzlei-Chef Dennis F. Fredricks zu Geschäftsessen, Filmpremieren (z.B. im berühmten Mann's Chinese Theatre am Walk of Fame) zu Klienten am Film-Set und Konsulats-Empfängen - meist im dunklen Anzug, mit Business-Krawatte und von der Kanzlei zur Verfügung gestellten Visitenkarten. Denn das Auftreten als Anwalt in der Öffentlichkeit, die Repräsentation der Kanzlei und das Gewinnen neuer Mandanten bilden weitere Schwerpunkte der Ausbildung. Auch hier mangelte es nicht an Gelegenheiten, das Gelernte in die Tat umzusetzen, Kontakte zu knüpfen und Visitenkarten loszuwerden.

Studientag

Da die Anwälte von Fredricks & von der Horst "Transaction Lawyers" sind, d.h. überwiegend eine beratende und vermittelnde Funktion ausüben, treten sie selten vor Gericht auf. Jedoch ließ einem der wöchentlich gewährte Studientag genug Zeit, das Gericht in L.A. Downtown und das in der Nähe gelegene Court-House von Santa Monica (bekannt durch den O.J. Simpson Zivilprozeß) auf eigene Faust zu erkunden oder in der Rechtsbibliothek der berühmten "University of California Los Angeles" (UCLA) zu stöbern.

"Langeweile hat keine Chance"

Die anfangs vereinbarte Arbeitszeit von 9.00 bis 17.30 Uhr war bei der abwechslungsreichen Ausbildung für mich bald Nebensache. Abends blieb ich oft länger im Büro. Wenn viele Termine anstanden, kam ich früher. Auch nach Feierabend und an den Wochenenden hatte Langeweile keine Chance. Fredricks & von der Horst unterhalten enge Kontakte zum Deutschen Generalkonsulat und zur Deutsch-Amerikanischen Handelskammer. Schnell hatte ich mit den dortigen Rechtsreferendaren Freundschaften geschlossen. Gemeinsam erkundeten wir das Strand- und Nachtleben von L.A., trafen uns zum Beach-Volleyball oder besuchten TV-Shows (z.B. "Eine schrecklich nette Familie", Jay Leno's "Tonight Show").

Ehemaligentreffen

Bleibt noch anzumerken, daß die Anwälte von Fredricks & von der Horst an über die Wahlstation hinaus dauernden Freundschaften und Kontakten interessiert sind. Hierzu veranstaltet die Kanzlei in Deutschland Ehemaligentreffen.

Fazit

Fazit: Wer sich wirklich für den Anwaltsberuf und das Alltagsleben in einer Kanzlei interessiert und darüber hinaus Medieninteresse hat, der ist bei Fredricks & von der Horst genau richtig. Wer seine Wahlstation in L.A. lieber mit Sonnenbaden oder Partys verbringen möchte, sollte besser woanders anklopfen.


(Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des C.H. Beck Verlags, München.)

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